Verordnung
Über den Geschäftsbetrieb der gewerblichen
Pfandleiher
Vom 1. Februar 1961
Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1961, Teil I, S.58
in der Neufassung der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft vom
1. Juni 1976, BGBI.I, S. 1334
§ 1 Geltungsbereich der Erlaubnis:
Die Erlaubnis zum Betrieb des Gewerbes eines Pfandleihers gilt für den
Geltungsbereich dieser Verordnung.
§ 2 Anzeige
Der Pfandleiher hat der zuständigen Behörde bei Beginn des
Gewerbebetriebes anzuzeigen, welche Räume er für den Gewerbebetrieb
benutzt; ferner hat er jeden Wechsel der für den Gewerbebetrieb
benutzten Räume unverzüglich anzuzeigen.
§ 3 Buchführung
[1] Der Pfandleiher hat über jedes Pfandleihgeschäft und seine
Abwicklung nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung
Aufzeichnungen zu machen sowie Unterlagen und Belege zu sammeln. Die
Aufzeichnungen sind unverzüglich und in deutscher Sprache vorzunehmen.
Die Verpfändungen sind nach ihrer Zeitfolge aufzuzeichnen. § 43 Abs. 3
des HGB gilt sinngemäß.
[2] Aus den Aufzeichnungen, Unterlagen und Belegen müssen ersichtlich
sein:
1) laufende Nummer des Pfandleihvertrages ( bei Erneuerung § 6
Abs.[3]) die laufende Nummer des früheren Vertrages und des
Erneuerungsvertrages,
2) Tag des Vertragsabschlusses,
3) Vor- und Familienname, Geburtstag, Wohnort und Wohnung des
Verpfänders sowie Art des Ausweises, aus dem diese Angaben entnommen
sind, und ausstellende Behörde,
4) schriftliche Vollmacht des Verpfänders, falls der Überbringer des
Pfandes nicht der Verpfänder ist,
5) Betrag und Fälligkeit des Darlehn,
6) vereinbarte Leistungen, soweit diese nicht in den allgemeinen
Geschäftsbedingungen des Pfandleihers festgelegt sind,
7) Tag der Einlösung,
8) Bezeichnung des Pfandes nach Zahl und Art sowie die zur
Unterscheidung geeigneten Angaben, wie Maß, Fabrikname und -nummer,
bei Gold- und Silbersachen Gewicht und etwaiger Feingehaltstempel,
bei Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern
a) Art, Hersteller und Typ,
b) amtliches Kennzeichen,
c) Fabriknummer des Fahrgestells und des Motors,
d) Anzahl der Ersatzreifen,
e) Nutzlast (nur bei LKW und Kraftfahrzeuganhänger)
9) Zahlungen des Verpfänders,
10) Tag der Verwertung,
11) Höhe und Verbleib des Verwertungserlöses und
12) bei Verlust eines Pfandscheines Tag und Mitteilung des
Verlustes.
[3] Die Aufzeichnungen, Unterlagen und Belege sind in den
Geschäftsräumen drei Jahre aufzu- bewahren. Die Aufbewahrungsfrist
beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahres, in dem Aufzeichnungen zu
machen, Unterlagen oder Belege zu sammeln waren.
[4] Eine nach anderen Vorschriften bestehende Pflicht zur
Buchführung und zur Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und
Belegen bleibt unberührt.
§ 4 Auskunft und Nachschau
[1] Der Pfandleiher hat den Beauftragten der zuständigen Behörden die
für die Überwachnung des Geschäftsbetriebes erforderliche mündliche oder
schriftliche Auskunft innerhalb der gesetzl. Frist und unentgeltlich zu
erteilen. Er kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren
Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der
ZVPO bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung
oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
aussetzen würde.
[2] Die Beauftragten der zuständigen Behörden sind befugt, zum Zweck der
Überwachung in den Geschäftsbetrieb Einsicht zu nehmen. Der Pfandleiher
ist verpflichtet, zu diesem Zweck den Beauftragten Zutritt zu allen für
den Geschäftsbetrieb benutzten Räume und Einsichtnahme in die
Aufzeichnungen, Unterlagen und Belege zu gestatten. Das Grundrecht der
Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird
insoweit eingeschränkt.
§ 5 Annahme des Pfandes
[1] Der Pfandleiher darf das Pfand nur annehmen, wenn er mit dem
Verpfänder vereinbart, daß:
1) er sich wegen seiner Forderungen auf Rückzahlung des Darlehns
sowie auf Zahlung von Zinsen, Vergütungen und Kosten nur aus dem
Pfand befriedigen darf,
2) er berechtigt ist, zwei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem das
Pfand verwertet worden ist, den Teil des Erlöses, der ihm nicht zu
seiner Befriedigung gebührt und nicht an den Ver- pfänder ausgezahlt
worden ist, an die zuständige Behörde abzuführen, und das damit
dieser Teil des Erlöses verfällt. Er darf für die Fälligkeit des
Darlehns keine kürzere Frist als drei Monate vereinbaren.
[2] Ist der Überbringer nicht der Verpfänder, so darf der Pfandleiher
das Pfand nur annehmen, wenn ihm der Überbringer eine schriftliche
Vollmacht des Verpfänders aushändigt.
§ 6 Pfandschein
[1] Der Pfandleiher hat dem Verpfänder unverzüglich nach Abschluß des
Pfandleihvertrages einen Pfandschein auszuhändigen, der von dem
Pfandleiher oder seinem Bevollmächtigten unter- zeichnet ist; eine
vervielfältigte Unterschrift genügt.
[2] Der Pfandschein muß die in § 3 Abs. [2] Nr. 1 bis 3 und 5 bis 8
genannten Angaben, sowie die allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten
und gut lesbar sein.
[3] Der Pfandleiher hat dem Verpfänder einen neuen Pfandschein
auszuhändigen, wenn der Pfandleihvertrag verlängert oder sonst geändert
wird (Erneuerung). Verordnung Über den Geschäftsbetrieb der gewerblichen
Pfandleiher
§ 7 Aufbewahrung
[1] Jedes Pfand ist mit der auf dem Pfandschein angegebenen Nummer des
Pfandleihvertrages zu versehen. Bezieht sich der Pfandschein auf mehrere
Pfänder, so kann die Nummer auf einer gemeinsamen Umhüllung vermerkt
oder an einer die Pfänder zusammenhaltenden Befestigung angebracht
werden.
[2] Die Pfänder sind in besonderen Räumen oder Behältnissen und leicht
auffindbar aufzubewahren. Diese Räume und Behältnisse dürfen nicht
gleichzeitig für die Ausübung eines anderen Gewer- bes benutzt werden.
Die Räume müssen trocken, gut zu lüften und zur sicheren Aufbewahrung
der Pfänder geeignet sein.
[3] Als Ausübung eines anderen Gewerbes im Sinne des Absatzes 2 ist
nicht der Verkauf von Sachen anzusehen, die der Pfandleiher aus seinem
Pfänderbestand ersteigert hat.
[4] Ist dem Pfandleiher der Verlust eines Pfandscheines mitgeteilt
worden, so hat er das Pfand unverzüglich mit einem entsprechenden
Vermerk zu versehen.
§ 8 Versicherung
Der Pfandleiher hat das Pfand mindestens zum doppelten Betrag des
Darlehns gegen Feuer- und Leitungswasserschäden, Einbruchdiebstahl sowie
angemessen gegen Beraubung zu versichern.
§ 9 Verwertung
[1] Der Pfandleiher darf sich frühestens einen Monat nach Eintritt der
Fälligkeit des gesamten Dar- lehns aus dem Pfand befriedigen, es sei
denn, daß der Verpfänder nach Eintritt der Fälligkeit einer früheren
Verwertung zustimmt.
[2] Der Pfandleiher hat das Pfand spätestens sechs Monate nach Eintritt
der Verwertungsberechtigung zu verwerten. Die zuständige Behörde kann
auf Antrag des Pfandleihers die Frist aus wichtigem Grund verlängern.
Ist der Pfandleiher durch eine gerichtliche oder behördliche Maßnahme an
der fristgerechten Verwertung des Pfandes verhindert, so wird die Frist
bis zur Aufhebung einer solchen Maßnahme gehemmt; der Zeitraum, während
dessen die Frist gehemmt ist, wird in die Verwertungsfrist nach Satz [1]
nicht eingerechnet.
[3] Absatz [2] Satz 1 Findet keine Anwendung, wenn der Pfandleiher auf
Verlangen des Verpfänders eine andere Verwertungsfrist mit diesem
vereinbart.
[4] Der Pfandleiher hat zu veranlassen, daß die Versteigerung mindestens
eine Woche und höchs- tens zwei Wochen vor dem für die Versteigerung
vorgesehenen Zeitpunkt in einer Tageszeitung, in der üblicherweise
amtliche Bekanntmaachungen veröffentlicht werden, bekanntgemacht wird.
Die Bekanntmachung muß Ort und Zeit der Versteigerung, die allgemeine
Bezeichnung der Pfänder, den Namen oder die Firma des Pfandleihers, die
Nummern der einzelnen Pfandleih- verträge oder die Anfangs- und
Endnummern der zur Versteigerung gelangenden Serie sowie den Zeitraum
der Verpfändungen ergeben; bei Pfändern, deren Versteigerung bereits in
früheren Anzeigen bekanntgemacht worden ist und die nicht versteigert
worden sind, genügt an Stelle der Angabe der Nummern und des Zeitraumes
ein Hinweis auf die früheren Anzeigen.
§ 10 Zinsen und Vergütung
[1] Der Pfandleiher darf für die Hingabe des Darlehns, für die Kosten
seines Geschäftsbetriebes einschließlich der Aufbewahrung, der
Versicherung und der Schätzung des Wertes des Pfandes sowie für die
Kosten der Pfandverwertung höchstens fordern, vereinbaren oder sich
gewähren lassen:
1) für die Hingabe des Darlehns einen monatlichen Zins von eins vom
Hundert des Darlehnsbetrages,
2) für die Kosten des Geschäftsbetriebes: 2.1. eine monatliche Vergütung
von:
EUR 1,00 bei einem Darlehn bis einschließlich EUR 15,--
EUR 1,50 bei einem Darlehn bis einschließlich EUR 30,--
EUR 2,00 bei einem Darlehn bis einschließlich EUR 50,--
EUR 2,50 bei einem Darlehn bis einschließlich EUR 100,--
EUR 3,50 bei einem Darlehn bis einschließlich EUR 150,--
EUR 4,50 bei einem Darlehn bis einschließlich EUR 200,--
EUR 5,50 bei einem Darlehn bis einschließlich EUR 250,--
EUR 6,50 bei einem Darlehn bis einschließlich EUR 300,--
Bei einem Darlehn, das den Betrag von EUR 300,-- übersteigt, unterliegt
die monatliche Vergütung der freien Vereinbarung.
2.2. Neben der in Nummer [1] genannten monatlichen Vergütung kann für
die Aufbe- wahrung, Pflege und Versicherung von Fahrrädern mit
Hilfsmotor, Kleinkrafträ- dern, Krafträdern mit und ohne Beiwagen,
Kraftwagen, Zugmaschinen und Kraft- fahrzeuganhängern eine tägliche
Vergütung vereinbart werden.
3) die notwendigen Kosten der Verwertung. Wird das Darlehn in
Teilbeträgen zurückgezahlt, sind die Zinsen und die Vergütung für die
Kosten des Geschäftsbetriebes nach dem noch geschuldeten Teil des
Darlehns zu berechnen.
[2] Kosten des Geschäftsbetriebes im Sinne des Absatzes [1] sind nicht:
1) Prämien für eine auf Verlangen des Verpfänders abgeschlossene
besondere Versicherung, 2) Kosten eines Gutachtens über den Wert des
Pfandes.
[3] Der Pfandleiher darf sich die in Absatz [1] genannten Leistungen
nicht im voraus gewähren lassen.
[4] Soweit nach Absatz [1] Zinsen und Vergütungen nach Monaten berechnet
werden, gilt: 1) der Tag der Hingabe des Darlehns darf nur mitgerechnet
werden, wenn das Darlehn an diesem Tage zurückgezahlt wird, 2) ein
angefangener Monat darf als voller Monat gerechnet werden. [5] Werden
mehrere Pfänder gleichzeitig verwertet, so sind die nicht ausscheidbaren
notwendigen Kosten der Verwertung Absatz [1] Nr. 3 im Verhältnis des
Gesamterlöses zum Erlös für das einzelne Pfand aufzuteilen.
§ 11 Überschüsse aus der Verwertung
Der Pfandleiher hat Überschüsse, über die Vereinbarungen nach § 5
Abs.[1] Nr. 2 ab- geschlossenen sind, spätestens einen Monat nach Ablauf
der in § 5 Abs.[1] Nr. 2 bezeichneten Frist an die zuständige Behörde
abzuführen; die zuständige Behörde kann auf Antrag des Pfandleihers die
in Satz 1 genannte Frist von einem Monat aus wichtigem Grund verlängern.
Die abgeführten Überschüsse verfallen dem Fiskus des Landes, in dem die
Verpfändung erfolgt ist.
§ 12 Aushang
Der Pfandleihert hat in seinen Geschäftsräumen an gut sichtbarer Stelle
einen Abdruck dieser Verordnung auszuhändigen.
§ 12a Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrig im Sinne des § 144 Abs 2 Nr. 1 der Gewerbeordnung
handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1) entgegen § 2 die für den Geschäftsbetrieb benutzten Räume oder
einen Wechsel der Räume nicht oder nicht rechtzeitig anzeigt. 2)
einer Vorschrift des § 3 Abs 1, 2 oder 3 über Aufzeichnungen,
Unterlagen und Belege zuwiderhandelt,
3) entgegen § 4 Abs [1] Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig,
nicht voll- ständig, nicht rechtzeitig erteilt oder entgegen § 4
Abs. [2] Satz 2 den Zutritt oder die Einsichtnahme nicht gestattet.
4) einer Vorschrift a) des § 5 über die Annahme des Pfandes und die
Fälligkeit des Darlehns, b) des § 6 über die Aushändigung, den
Inhalt und die Erneuerung des Pfand , Pfandscheines oder c) des § 7
Abs.[1] bzw.[2] über die Numerierung und die Aufbewahrung des
Pfandes, des § 7 Abs. [4] über das Versehen des Pfandes mit einem
Vermerk zuwiderhandelt.
5) entgegen § 8 ein Pfand nicht vorschriftsmäßig versichert,
6) entgegen § 9 Abs. [1] sich aus dem Pfand befriedigt, entgegen § 9
Abs. [2] Satz 1 das Pfand nicht rechtzeitig verwertet oder entgegen
§ 9 Abs. [4] nicht veranlaßt, daß die Versteigerung rechtzeitig und
vorschriftsmäßig bekanntgemacht wird.
7) einer Vorschrift des § 10 über Zinsen, Kosten und Vergütungen
zuwiderhandelt,
8) entgegen § 11 Satz 1 Überschüsse nicht oder nicht rechtzeitig
abführt oder
9) entgegen § 12 einen Abdruck dieser Verordnung nicht aushängt.
§ 13 Aufhebung und Nichtanwendung von Vorschriften
[1] Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung werden unbeschadet des § 14
Abs.[1] Vorschriften, die beim Pfandleiher einzusehen sind, soweit sie
nicht bereits außer Kraft getreten sind, aufgehoben.
[2] Mit dem Inkraftreten dieser Verordnung sind unbeschadet des § 14
Abs.[1] die beim Pfand- leiher einzusehenden Vorschriften, soweit sie
den Geschäftsbetrieb des gewerblichen Pfandleihers betreffen, nicht mehr
anzuwenden.
§ 14 Übergangsvorschriften
[1] Bei Inkrafttreten dieser Verordnung noch nicht abgewickelte
Pfandleihgeschäfte sind nach den bisher geltenden Vorschriften
abzuwickeln.
[2] Der Pfandleiher hat die Benutzung von Räumen, die er bei
Inkrafttreten dieser Verordnung für den Geschäftsbetrieb benutzt,
innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten dieser
Verordnung der zuständigen Behörde anzuzeigen.
§ 15 Berlin-Klausel
Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 04.
Januar 1952 (Bdgestzbl. I S.1) in Verbindung mit Artikel XIV des Vierten
Bundesgesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung vom 05. Februar 1960 auch
im Lande Berlin.
§ 16 Inkrafttreten
[1] Diese Verordnung tritt am 01. März 1961 in Kraft.
[2] Betriebe, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung bereits bestehen
und deren Räume und Behältnisse gleichzeitig für die Ausübung eines
anderen Gewerbes benutzt werden, unterliegen der Vorschrift des § 7 Abs.
[2] erst ab 01. Januar 1966. [...]
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